Alles eine Frage der Bequemlichkeit?

In dem Buch "Ashamed of the Gospel", das im Deutschen unter dem Titel "Wenn Salz kraftlos wird – Die Evangelikalen im Zeitalter juckender Ohren" (CLV) erschienen ist, schreibt John F. MacArthur Jr. über die "benutzerfreundliche Kirche" unserer Zeit. Dabei greift er u. a. die LdtV an und beruft sich auf Spurgeon, einen der großen Lichter der Kirchengeschichte. Neben einigen guten Argumenten verwendet jedoch auch dieser Verfasser rhetorische Mittel, die im folgenden Zitat unterstrichen werden und verlässt damit den Weg der sachlichen Diskussion.

"Wohin bringt die Benutzerfreundlichkeit die Kirche?

Die Philosophie der Benutzerfreundlichkeit ist eine scharfe Abwärtskurve auf einem falschen Weg für die Kirche. Ich bin überzeugt, daß der Niedergang von Gottesdienst, Schriftkenntnis und Theologie schließlich zu ganz ernsten lehrmäßigen Kompromissen führen wird. Tatsächlich mag das schon vielfach der Fall sein. Für christliche Leiter, die sich selbst für evangelikal halten, beginnen fundamentale Wahrheiten, wie die Hölle und die menschliche Verdorbenheit, zweifelhaft zu werden. Eine der bekanntesten und noch im Kommen begriffene Bewegung vertritt die Lehre von der »bedingten Unsterblichkeit«, die dem Annihilationismus ähnelt. Dahinter steckt der Gedanke, dass unbekehrte Sünder einfach erlöschen, statt die Ewigkeit in der Hölle zu verbringen. Das passt genau zu der benutzerfreundlichen Philosophie, weil man der Ansicht ist, ein barmherziger Gott könne unmöglich von Ihm geschaffene Wesen der ewigen Qual übergeben."

Anmerkung: Die LdtV passt viel besser zu einer harmonischen Bibelauslegung. Der Verfasser unterstellt hier der LdtV Subjektivität nach dem Motto "Was passt? Wonach jucken die Ohren?".

"Statt dessen löscht Er sie völlig aus. »Bedingte Unsterblichkeit« und Annihilationismus sind keine Erfindungen der Neuzeit. Die Geschichte zeigt aber, daß die meisten Menschen und Bewegungen, die sich dem Annihilationismus verschrieben hatten, nicht bei der rechten Lehre blieben. Die Ewigkeit der Hölle zu leugnen ist gleichbedeutend mit dem Startschuss zum Niedergang. Spurgeon attackierte die »bedingte Unsterblichkeit« als einen der großen Irrtümer des »Down-Grade« des neunzehnten Jahrhunderts. Er sagte, dass jene, die die Ewigkeit der Hölle leugnen, »auch so ziemlich die Hoffnung auf den Himmel beseitigt haben, so wie wir ihn seit langem schon erwarten. Denn gewiss, der Lohn der Gerechten hält nicht länger an als die Strafe der Bösen. Beides wird von den gleichen heiligen Lippen in dem gleichen Vers als ›ewig‹ bezeichnet (Matth. 25,46). Und wenn die ›Pein‹ nur bestimmte Äonen dauert, dann das ›Leben‹ ebenfalls.«"

Anmerkung: Trotz Polemik endlich ein gutes Argument! Siehe Antwort auf Spurgeons Einwand (Mt 25,46).

"Die Schrift sagt: »Der Teufel, der sie verführte, wurde in den Feuer und Schwefelsee geworfen, wo sowohl das Tier ist als auch der falsche Prophet; und sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden von Ewigkeit zu Ewigkeit« (Offb 20,10). Jesus berichtet von dem reichen Mann: »Und in dem Hades seine Augen aufschlagend, als er in den Qualen war, sieht er Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoße. Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, dass er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und meine Zunge kühle; denn ich leide Pein in dieser Flamme« (Luk. 16,23-24). Und auch das hat Jesus uns gesagt: »Und wenn dein Auge dich ärgert, so wirf es weg. Es ist dir besser, einäugig in das Reich Gottes einzugehen, als mit zwei Augen in die Hölle des Feuers geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt« (Mark. 9,47-48). Und Offenbarung 14,11 beschreibt den ewigen Zustand derer, die dem Antichristen während der großen Trübsal gefolgt sind: »Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier und sein Bild anbeten, und wenn jemand das Malzeichen seines Namens annimmt.« Der eifrigste Lehrer über die Hölle war der Herr Jesus selbst. Er hatte mehr darüber zu sagen als alle Evangelisten, Apostel und Propheten in der ganzen Bibel zusammengenommen."

Anmerkung: Diese Stellen wurden bereits erklärt (siehe oben).

"Predigt, die Gottes Zorn herunterspielt, bringt das Evangelium nicht zu Ehren, sondern unterminiert es. Das Evangelium verliert völlig seine Dringlichkeit, wenn der Prediger die Wirklichkeit oder den Schrecken des ewigen Gerichtes leugnet. Auch wird die Autorität der Schrift angetastet, wenn so viele der klaren Botschaften Christi geleugnet oder wegdiskutiert werden. Der Ernst der Sünde wird durch solche Predigt herabgesetzt. Und dadurch wird das Evangelium selbst zerrüttet." [1]

Hier zeigen sich der wahre Grund und die wahre Ideologie, die den Verfasser antreibt. Der Zorn Gottes, der sich in den Augen des Autors in den ewigen Qualen der Gottlosen zeigt, ist ein Grundpfeiler des Evangeliums. Alles andere wäre ein Beschneiden, Verleugnen, Herabsetzten und Zerrütten der Guten Botschaft - des Evangeliums. Vielleicht ist die LdeQ sogar der Haupfeiler des Evangeliums? Es ergeben sich folgende Fragen:

  1. Was ist der Zorn Gottes? Ewige Qualen der Hölle oder etwas anderes? Siehe Exkurs: Der Zorn Gottes und das Bild Gottes. Beruht die Dringlichkeit des Evangeliums auf den Schrecken der Hölle oder auf dem einmaligen Liebesangebot Gottes? (Einmalig, weil der Mensch sich hier und jetzt für Gott entscheiden muss!)
  2. Will Gott uns durch Angst und Schrecken zur Buße zwingen oder will er uns durch sein heiliges Wesen von unserer Schuld überzeugen? – Aufzeigen, dass wir seiner Gnade und Erlösung bedürfen? Was ist der Charakter Gottes? Ist Gott ein gnadenloser Rachegott oder ein Gott der Liebe und Gerechtigkeit (beides widerspricht sich nicht!)
  3. Setzt die Lehre der totalen Vernichtung den Ernst der Sünde herab? (Nein! Wer allerdings Ausreden und Entschuldigungen sucht, der wird nach jedem Strohhalm greifen. Aber auch die LdtV kennt die Sünde und die Sünde führt zum ewigen Tod.)
  4. Wird durch die LdtV die Autorität der Heiligen Schrift angetastet? Werden klare Botschaften geleugnet und wegdiskutiert?

Zu den letzten beiden Fragen (Punkt 4) soll deutlich Stellung bezogen werden:

  • Die Autorität der Heiligen Schrift: Es stimmt keinesfalls, dass die Autorität der Bibel durch die "Lehre der totalen Vernichtung" angetastet wird. Das würde der Fall sein, wenn die Schrift, wie z. B. bei der historisch-kritischen Methode, nicht mehr als inspirierte Offenbarung Gottes, sondern lediglich als Meinung gewisser "Autoren" verstanden wird. Bei der LdtV wird anhand der Schrift argumentiert und in keinerlei Weise gering geschätzt.
  • Klare Botschaften werden geleugnet und wegdiskutiert: Einem mögen manche Bibelstelle wie eine klare Aussage vorkommen, wenn der Zusammenhang, in dem die Aussage eingebettet ist, aus den Augen verloren wird. Bei der Bibelauslegung muss immer der nähere und der weitere Kontext beachtet werden. Würde man zum Beispiel den näheren Kontext von Hiob 1,16 ignorieren, so könnte man behaupten, die Bibel würde ganz klar davon sprechen, dass Gott Hiobs Knechte und Schafe getötet hat. (Dies war natürlich nicht Gottes, sondern Satans Werk, wenn man Hiob 1,12 berücksichtigt.

    Aber auch der weitere Kontext muss beachtet werden. Schon die Apostel haben ihre Aussagen z. T. mit anderen Bibelstellen (aus anderen Büchern und Briefen) belegt. Warum werden bei dem Thema Hölle nicht alle Bibelstellen betrachtet, die mit dem Thema im Zusammenhang stehen?

    Wird bei der LdtV alles Unbequeme wegdiskutiert, wie der Verfasser behauptet? Oder wird versucht, die Bibel als Einheit und nicht als Stückwerk auszulegen? Wird nicht vielmehr versucht, eine stimmige Auslegung zu finden statt Unstimmigkeiten zu ignorieren?

    Wenn die Vertreter der Lehre der ewigen Qualen sich wenigstens die Mühe geben würden, die Bibelstellen, die ihrer Lehre widersprechen, "wegzudiskutieren", dann würden beide Seiten sicherlich an Erkenntnis gewinnen.

 

 


[1] F. MacArthur Jr., Wenn Salz kraftlos wird, CLV, Bielefeld, 1997, S. 66-68