Apologetik kompakt: Zwei auf einen Streich? (Joh 3,36)
Genauso mangelhaft wie die obige Auslegung sind die Versuche, die hier angebotene Auslegung zu widerlegen. Statt Argumenten werden rhetorische Mittel zur Unterstützung des eigenen Standpunktes und zur Herabspielung anderer Standpunkte verwendet. So lesen wir:
Trotz allen Scharfsinns, der dafür verwandt und verschwendet worden ist, hat man sich doch immer nur zwei Alternativen für die ewige Verdammnis vorstellen können. Die erste lautet, dass auf die eine oder andere Weise schließlich doch alle gerettet würden; diese Lehre ist als "Universalismus" oder "Allversöhnungslehre" bekannt. Die andere behauptet, daß der Mensch von Natur gerade so sterbe wie die Tiere, die vergehen, und daß unendliches Sein und ewige Existenz nur die hätten, die von neuem geboren und in Christus seien; diese Lehre ist bekannt als "Annihilationismus" oder "Vernichtungslehre" oder als die Lehre von der "bedingten Unsterblichkeit".
Es ist bedauerlich, dass der Verfasser die unterschiedlichen Lehren nicht klar voneinander abgrenzen kann. Wir lesen weiter:
Nun macht schon ein Vers der Schrift - Johannes 3,36 - beide Theorien zunichte: "Wer dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen." Die Allversöhner meinen, dass auch die Ungläubigen letztlich, wie entfernt dieser Zeitpunkt auch sein mag, doch das Leben sehen werden. Der Herr Jesus erklärt, dass sie es nicht sehen werden, und fügt hinzu:" sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm." Nach der Vernichtungslehre haben die Ungläubigen dann aufgehört zu bestehen, danach gäbe es nichts, worauf der Zorn Gottes bleiben könne. Nach dem Wort des Herrn werden sie aber noch existieren, und der Zorn wird auf ihnen bleiben, ohne die geringste Hoffnung auf ein Ende dieses Zustands.
Leider ist die biblische Auslegung nicht so einfach, wie man es sich vielleicht manchmal wünscht. Wenn man mit einem Zitat und ein paar Sätzen alles klären könnte, wäre diese Ausarbeitung sicherlich nicht so lang geworden. Wollte man die hier vertretene Auslegung (LdtV) auf dem Niveau der obigen Einwände führen, so könnte sie bis auf Folgendes reduziert werden:
Gott allein ist unsterblich (1Tim 6,15.16) und die Hölle wird nicht ewiglich brennen, da die Bösen zu Asche und Staub werden (Mal 3,19-21) und da es auf der neunen Erde kein Leid und Schmerz geben wird (Offb 21,1f). – Damit wäre alles gesagt!
So einfach ist dieses komplexe Thema jedoch nicht! Widerlegt Joh 3,36 wirklich die hier präsentierte Ansicht? Johannes schrieb: "Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm." (Joh 3,36)
Der oben zitierte Autor behauptet, dass der Ausdruck "der Zorn Gottes bleibt über den Gottlosen" die LdtV widerlegen würde. Was ist denn der "Zorn Gottes"? Der Verfasser versäumt es, sich darüber Gedanken zu machen. Dabei lässt sich das Bibelwort in Joh 3,36 völlig widerspruchsfrei mit der LdtV verbinden: Wer "dem Sohn nicht gehorsam ist", über dem bleibt der Zorn Gottes: Für ihn kann Jesus nicht wirken und er muss den Schuldspruch, der ihn zum ewigen Tode verurteilt, selbst tragen. Gott muss ihn preisgeben und er wird in den feurigen Pfuhl geworfen, in den zweiten Tod, der die völlige und endgültige Vernichtung bedeutet. (Näheres zum Zorn Gottes: siehe Exkurs: Der Zorn Gottes und das Bild Gottes)