5. Das Volk Israel

Aussage bzw. Andeutung in der Predigt: Das israelische Volk wird wieder zusammengeführt werden und als ganzes gerettet werden. (Dieses wird natürlich im Zusammenhang mit dem 1000-jährigen Friedensreich und verschiedenen Bibelstellen im AT gesehen). Als Hinweis wurde in der Predigt auf den Feigenbaum bei Mk 13,28 verwiesen. Da in Lk 13,6-9 der Feigenbaum als Symbol für Israel steht, wird geschlussfolgert, dass die Feigenbaum, der Blätter treibt bei Mk 13,28 Israel ist und da der Baum voll Blätter wird, auch Israel 'voll' werden muss.

Hintergrund: Die Israeltheorie, die in den letzten Jahren mehr und mehr vor allen in protestantischen, evangelischen und charismatischen Gemeinden Einzug gehalten hat, geht davon aus, dass das Volk Israel in Gottes Heilsplan noch eine besondere Rolle als Heilsvolk spielen wird. Besonders die Rückkehr vieler Israeliten nach 1945 und die Staatsgründung wird als Erfüllung alttestamentlicher Prophetie gesehen und zugleich als Endzeit-Zeichen verstanden. Die Grundlage dieser Ansicht basiert u.a. auf a) Die Feigenbaum-Auslegung (siehe Predigt) und b) die verbreitete Vorstellung, das Gott auch heute noch zwischen Juden und Nichtjuden unterscheidet und alle Prophezeiungen des AT sich an den 'fleischlichen' Israeliten erfüllen muss, sowie c) die Auslegung zwei schwer verständlichen Bibelstellen im Römerbrief.

Warum ich schlucken musste:

Anmerkungen zu a)

Die Deutung des Feigenbaums bei Mk 13,28 auf das Volk Israel ist fragwürdig. Zwar wird als Unterstützung Lk 13,6-9 herangezogen, aber die Aussage bei Lukas ignoriert: In Vers 7 ergeht der Befehl den Feigenbaum umzuhauen, nach dem Jesus 3 Jahre lang vergeblich nach den Fürchten Israels gesucht hatte. Dieses passt zu dem Gleichnis der bösen Weingärtner bei Mt 21, wo es im Vers 43 heißt: "Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringt.". Trotz dieses harten Urteils wird behauptet, Israel würde ein Heilsvolk werden. Weiterhin ist zweifelhaft, ob bei Mk 13 mit dem Feigenbau wirklich Israel gemeint ist. In der Parallel stelle bei Lk 21,29 ist die Rede von dem Feigenbaum und allen Bäumen. Wenn Israel der Feigenbaum ist, was sollen die andren Bäume? In meinen Augen geht es hier nicht um ein bestimmtes Volk, sondern hier soll nur bildlich ausgedrückt werden, das an den Zeichen der Umwelt, das Kommen Christi erkannt werden kann. Mehr nicht!

Anmerkungen zu b)

Besonders in evangelikalen Kreisen wird dem Volk bzw. dem Land Israel eine besondere Bedeutung (vor allen für die Endzeit) zugeschrieben. So weiß z. B. die Partei Bibeltreuer Christen vor einigen Jahren darauf hin, dass die Juden Anspruch auf verschiedene Gebiete (z. B. Golanhöhen) haben, da diese ihnen vor vielen tausend Jahren verheißen wurden. Offenbar herrscht auch unter bibeltreuen Christen, also Menschen, die die Bibel eigentlich sehr genau studieren müssten, eine gewisse Verwirrung, wenn es um Begriffe wie "Verheißung", "Bund", "Volk Gottes" oder gar "Israel" geht.

Viele Evangelikale glauben, dass Gott mit den Juden durch Abraham (damals noch Abram) einen unbedingten Bund geschlossen hat, d. h. einen Bund, der nicht an Bedingungen wie z. B. Glaube und Treue zu Gott gebunden ist. Ein Beispiel für einen unbedingten Bund finden wir in 1Mo 9, 9-17, wo Gott mit allen Menschen und Tieren einen Bund schließt, dass er die Erde nie wieder durch Wasser zerstören würde.

Da das Land eine zentrale Bedeutung hat und auch heute durch Landbesitzstreitigkeiten im Nahen Osten Konflikte alltäglich sind, ist es sinnvoll die sogenannten "Landverheißungen", auf die sich orthodoxe Juden berufen und Evangelikale beziehen, genau zu betrachten. Da viele den Bund mit Abraham für einen unbedingten Bund halten, sind auch die innerhalb dieses Bundes ausgesprochenen Verheißungen unbedingt, d. h. die Zusprache eines bestimmten Landes ist unbedingt gottgegeben und daher auch heute gültig: Jegliches Bestreiten ist ein Vergehen gegen Gottes Wille.

In 1Mo 12, 1-3.7 finden wir die erste Verheißung an Abram und die erste Landverheißung. Diese Verheißung wird im folgenden Kapitel in 1Mo 13, 14-17 erneut aufgegriffen, wo es in Vers 14.15 heißt:

Als sich nun Lot von Abram getrennt hatte, sprach der Herr zu Abram: Hebe deine Augen auf und sieh von der Stätte aus, wo du wohnst, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen. Denn all das Land, das du siehst, will ich dir und deine Nachkommen geben für alle Zeit.

(Israel ist schon wesentlich größer, als die Fläche, die ein Mensch mit bloßen Auge (bei guter Sicht) erfassen kann!)

Auch wird oft 1Mo 17, 7.8 zitiert: "Und ich will aufrichten meinen Bund zwischen mir und dir und deinen Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht, daß es ein ewiger Bund sei, so daß ich dein und deiner Nachkommen Gott bin. Und ich will dir und deinem Geschlecht nach dir das Land geben, darin du ein Fremdling bist, das ganze Land Kanaan, zum ewigen Besitz, und will ihr Gott sein."

Die dick gedruckten Stellen werden gerne betont und die unterstrichenen Stellen werden gerne weggelassen obwohl sie untrennbar zusammen gehören! Wer Gott nicht hat, hat auch das Land nicht!

Was für ein Bund (und was für Verheißungen) wurde nun mit Abram (bzw. jetzt Abraham) geschlossen? War es wirklich ein Bund ohne Bedingungen? Gleich im anschließenden Vers finden wir einen Hinweis: "Und Gott sprach zu Abraham: So haltet nun meinen Bund, du und deine Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht.". – Der Bund soll gehalten werden, d. h. es gibt Anforderungen! In Vers 14 lesen wir, dass der Bund auch gebrochen werden kann. "Halten" und "Brechen" sind typische Ausdrücke für einen bedingten Bund.

Auch im folgenden Kapitel wird dieses unterstrichen. Wir lesen in 1Mo 18, 18.19:

"da er [Abraham] doch ein großes und mächtiges Volk werden soll und alle Völker auf Erden in ihm gesegnet werden sollen? Denn dazu habe ich ihn auserkoren, daß er seine Kindern befehle und seinem Hause nach ihm, daß sie des Herrn Wege halten und tun, was recht und gut ist, auf daß der Herr auf Abraham kommen lasse, was er ihm verheißen hat."

Hier wird konkret gesagt, dass Gottes Anweisungen getan werden müssen, "auf dass" (Begründung!) die Verheißungen erfüllt werden, d. h. sie werden nicht automatisch erfüllt. Es handelt sich also um einen bedingten Bund.

In 1Mo 22, 15-18 finden wir die Bestätigung dafür, dass das Tun wichtig für die Verheißungen sind:

"Und der Engel des Herrn rief Abraham abermals vom Himmel her und sprach: Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der Herr: Weil du solches getan hast und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont, will ich dein Geschlecht segnen und mehren wie die Sterne am Himmel und den Sand am Ufer des Meeres, und deine Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde besitzen; und durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast."

Wurde nun der bedingte Bund durch diesen Schwur Gottes unbedingt für Abraham und seine Nachkommen? In 1Mo 26, 1-5 lesen wir von Isaak: "... da erschien ihm [Isaak] der Herr und sprach: Zieh nicht hinab nach Ägypten, sondern bleibe in dem Lande, das ich dir sage. Bleibe als Fremdling in diesem Lande und ich will mit dir sein und dich segnen; denn dir und deinen Nachkommen will ich alle diese Länder geben und will meinen Eid [siehe 1Mo 22, 15-18] wahr machen, den ich deinem Vater Abraham geschworen habe, und will deine Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel und will deinen Nachkommen alle diese Länder geben. Und dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil Abraham meiner Stimme gehorsam gewesen ist und gehalten hat meine Rechte, meine Gebote, meine Weisungen und mein Gesetz."

Man beachte die Begründung im letzten Vers: Der Glaube und die Treue führen zu Verheißungserfüllung! Unglaube und Abfall werden von Gott nicht durch Verheißungen "belohnt". In Israel lebten 1994 ca. 5-15% praktizierende Juden! Wird Gott seine Verheißungen heute erfüllen?

In 1Mo 32, 29 wird aus Jakob Israel. Im wurde nach dem Erlebnis von Gott dieser Name (Überwinder) gegeben, d. h. Israel war zu nächst nur eine Person. Heute bezeichnet man mit Israel ein ganzes Volk – Wie kam es dazu?

Die Juden, die zur Zeit Moses in Ägypten lebten wurden Israeliten genannt, da sie von Israel abstammten. Aber wie 1Mo 2, 37-49 ging es nicht um die reine rassische Abstammung, sondern Fremde, die Jahwe als den wahren Gott erkannten, konnten auch Juden bzw. Israeliten werden: Durch das Akzeptieren des Bundes, der schon in Abraham geschlossen wurde, also durch die Beschneidung zeigten sie, dass sie zu Gott gehören wollten und sie sollten wie "Einheimische des Landes" (Vers 48), also wie Israeliten sein! Daher gibt es auch heute 'schwarze' Jude in Afrika, 'gelbe' Juden in China usw. - Israel sind also Nachkommen Israels (Jakobs) und aufgenommenes fremdes Volk. Das konvertierte Fremdvolk wird nicht mehr vom alten Volk unterschieden (vergl. 1Mo 12,37.38 und 1Mo 18,1).

Bei 2Mo 19, 18.19 lesen wir die interessanten Worte: "Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meine Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein..."

Auch hier zeigt sich abermals, dass der Bund ein bedingter Bund war. Wichtig ist auch das kleine Wörtchen Volk (hebr. am), denn eigentlich steht dort das Wort goy, dass heute unter Juden als Schimpfwort Heide verwendet wird. Die eigentliche Bedeutung ist Nation (siehe Elberfelderbibel oder Grundtext) - Nation und Volk sind nicht das gleiche! Eine Nation ist ein gemischtes Volk, das z. B. auch Nichtjuden einschließt. (Übrigens steht auch in 1Mo 12, 1-3, als Gott zu Abram sprach Nation und nicht Volk!)

Die "Gläubigen" (Juden und ehemalige Nichtjuden; ich schreibe in Zukunft kurz "die Juden") sollten ein Königreich von Priestern sein. Welche Funktion hatte denn ein Priester? Er sollte zwischen Gott und dem Sünder vermitteln (durch den Opferdienst). Hier zeigt sich bereits, dass die Juden ein Missionsvolk sein sollten, durch das andere Völker zum Glauben kommen und gesegnet werden sollten. Ich greife den Gedanken in c) noch einmal auf. - Diese Stelle ist übrigens eine wichtige Parallelstelle zu 1Pet 2, 9!

Da auch schon im AT der Glaube zählte, ist es eigentlich klar, dass Gott eine Gemeinschaft des Glaubens (Gottes Volk; unabhängig von der Abstammung des Individuums) haben wollte und nicht eine physische Determination.

Dennoch gibt es Christen, die glauben das es zwei Glaubenswege gibt: Einen für Israeliten (physische) und einen für den Rest. Was sagt Jesus? Ich bin der Weg... Niemand kommt zum Vater als durch mich! (Joh 14,6)

Drehen wir nun die Sichtweise um: Gehört jeder Israelit, der durch Geburt oder Bekehrung ins jüdische 'Volk' aufgenommen wurde automatisch zum Volk Gottes - zum heiligen Volk?

Nein! Auch hier zählt der Glaube! In 1Kö 18 lesen wir von Gottesurteil auf dem Karmel: Das jüdische Volk wahr zum Großteil vom wahren Glauben abgefallen und hatte den heidnische Baalkult übernommen, der durch Ahabs Frau Isebel ins Reich Israel eingeführt wurde. In Vers 21 versucht Elia das Volk zurück zum Glauben zu führen und er ruft: "Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten? Ist der HERR euer Gott, so wandelt ihm nach, ist's aber Baal, so wandelt ihm nach." - Aber das Volk antwortete ihm nichts. Elia dachte, dass er allein übrig geblieben wäre (1Kö 19,14), aber Gott versicherte ihm, dass 7000 Mann in Israel übrig waren, die ihr Knie nicht vor Baal beugten (Vers 18). "Die Übrigen" sind Treuen, die auch in Zeiten der Unglaubens zu Gott hielten. Sie spielen in vielen Büchern des ATs und des NTs eine wichtige Rolle. Obwohl das nationale Israel fast vollständig abgefallen war, blieb ein heiliger Rest. Dieses Motiv findet sich u. a. im Buch Jesaja, wie du dich vielleicht erinnerst (siehe unten).

Die wahren Nachkommen Abrahams sind die Gläubigen, die nicht fleischlich von Abraham abstammen müssen (Röm 9, 6-8) und Verheißungen, die Abraham und seinen Nachkommen versprochen wurden, wurden durch ihren Glauben erfüllt (oder durch ihren Unglauben nicht erfüllt), wie ich bereits oben schrieb und wie auch Hebr 11 zeigt. Gott erfüllt seine Verheißungen nicht an ungläubigen oder abgefallen Menschen und er zwingt auch niemanden sein Schicksal auf!

Besonders Jer 18,7f zeigt, dass die Zukunft eines Volkes von der Treue zu Gott abhängt: Je nachdem, wie sich das Volk verhält, kann Gott wirklich das durchführen wird, was er sich vorgenommen hatte. Dieses gilt für Verheißungen genauso wie für Strafen (z. B. Jona und die Zerstörung von Ninive)! Hes 18 zeigt zudem, dass dieses Prinzip nicht nur für Völker, sondern auch für einzelne gilt!

Die Trennung von Volk und treues Volk findet man an vielen Stellen: In Amos 5,14.15 lesen wir: "Sucht das Gute und nicht das Böse, auf daß ihr leben könnt, so wird der HERR, der Gott Zebaoth, bei euch sein, wie ihr rühmt. Hasset das Böse und liebt das Gute, richtet das Recht auf im Tor, vielleicht wird der HERR, der Gott Zebaoth, doch gnädig sein denen, die von Josef übrigbleiben." (Mit Josef ist das Nordreich der 12 Stämme gemeint.)

Es gibt keine automatische Erfüllung oder Rettung, denn sonst wäre das Suchen und das Tun, sowie das Wort "vielleicht" sinnlos. Nein, übrig bleiben sollen die, die Gott suchen und das Gute lieben.

Jesaja wird manchmal als "Prophet der Übrigen" bezeichnet. In Jes 10, 20-22 lesen wir das der Rest Israels, die Übrigen, sich nicht mehr auf Assyrien und Babylon, sondern auf Gott verlassen werden. Ein Rest wird sich zu Gott bekehren! Zu den abgefallenen Juden spricht Gott:

"O daß du auf meine Gebote gemerkt hättest, so würde dein Friede sein wie ein Wasserstrom und deine Gerechtigkeit wie Meereswellen. Deine Kinder würden zahlreich sein wie Sand und deine Nachkommen wie Sandkörner. Dein Name würde nicht ausgerottet und nicht vertilgt werden vor mir." (Jes 48, 18.19)

Abermals: Gottes Verheißungen sind gebunden an Glaube und an das Tun Gottes Willen. Ohne dieses zählen wir vor Gott nicht, egal ob wir Jude, Grieche oder was auch immer sind! Bei Hebr 11,6 steht: "Aber ohne Glaube ist's unmöglich, Gott zu gefallen..."

Gottes "Politik" wird auch besonders in 5Mo 26, 16-19 und 5Mo 28 deutlich, wo Gott sagt, dass er sein Volk groß machen, stärken und segnen will: Wie immer unter der Bedingung des Glaubens und der Treue (5Mo 28, 15f).

Wenden wir uns nun den Verheißungen zu: Wenn das, was ich geschrieben habe, war ist, dass also der Glaube an Gott und die Treue zu Gott zählt und nicht die Abstammung, dann müssen die Verheißungen allen Gläubigen gelten. Lässt dieses sich an Hand der Hl. Schrift bestätigen?

Wir ('Ex-Heiden') sind adoptiert und erkaufte Kinder Gottes (Röm 8,16-17 und 1Kor 6,20) und deutlich schreibt Paulus in Gal 3,6-9.29:

"So war es mit Abraham: »Er hat Gott geglaubt, und des ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden« (1Mo 15, 6). Erkennt also: die aus dem Glauben sind, das sind Abrahams Kinder. Die Schrift aber hat es vorausgesehen, daß Gott die Heiden durch den Glauben gerecht macht. Darum verkündigte sie Abraham (1Mo 12, 3): »In dir sollen alle Heiden gesegnet werden.« So werden nun die, die aus Glauben sind gesegnet mit dem gläubigen Abraham. ... Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Kinder und nach der Verheißung Erben. "

Diese Aussage ist nichts anderes, als das was ich bisher versucht habe deutlich zu machen: Verheißungen erfüllen sich an den Gläubigen, an dem wahren Volk Gottes, am wahren Volk Israel und nicht an denen, die sich Gott widersetzen. Obwohl Paulus deutlich macht, dass es keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Heiden gibt (sofern sie sich zu Jesus bekehren), versuchen einige Ausleger z. B. Gal 6, 15.16 als Beweismittel gegen diese Aussage anzuführen:

Dort lesen wir:

"Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern eine neue Kreatur. Und alle, die sich nach diesen Maßstab richten - Friede und Barmherzigkeit über sie und über das Israel Gottes!"

Auf Grund des "und" wird "bewiesen", dass es zwei Gottes Völker vor Gott gibt. Juden und Christen. Zu einen solchen Schluss kann man nur kommen, wenn man die Stelle aus dem Kontext reißt, der er ist schon unvereinbar mit dem Vers 15, denn jeder in Christus ist Christ und kein Jude! Auch eine Trennung von bekehrten Heiden und bekehrten Juden führt zum Widerspruch mit zahlreichen Stellen, wie wir noch sehen werden. Sie sind alle eins in Christus, nämlich Christen! Das "und" sollte daher besser als "d. h." gelesen werden, wenn man nicht Widersprüche heraufbeschwören will.

In 2Kor 1, 19.20 lesen wir: "... denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm [Jesus] das Ja...". Diese weißt in die Richtung: Ein Weg, Jesus, für alle! Dieses wird in Eph 2,11-22 ebenfalls bestärkt, den durch das Blut Jesu sind die Heiden nicht mehr Außenseiter, sondern der Zaun, der Heiden und Juden trennte (gemeint sind die Gebote und Satzungen, die Heiden z. B. vom Passahfest ausschloss, die Beschneidung, u. a.; die 'Feindschaft' zwischen Juden und Nichtjuden), dieser Zaun wurde niedergerissen. Die Heiden hatten früher nur die Möglichkeit Anrecht auf die Verheißungen zu bekommen, wenn sie selber zu Juden wurden. Doch nun sind die Heiden auch ohne Beschneidung, ohne Opferdienst und ohne Zeremonialgesetz zu Miterben und Mitgenossen der Verheißung in Christus! (Eph 3,6) - Diese Aussage war zweifellos für viele Juden ein Schock und für viele Heiden eine unglaublich "frohe Botschaft".

Zunächst sollten wir uns von unserer menschlichen Sichtweise trennen: Wie gerne unterscheiden wir die Menschen nach verschiedenen Kriterien, z. B. nach ihrer Abstammung! Doch Gott sieht uns Menschen mit anderen Auge, denn für ihn sind alle Menschen seine Kinder und wie sehr wünscht er sich, dass alle gerettet würden (2Pet 3,9)! Vor Gott gibt es kein Ansehen der Person (Apg 10, 34.35) und daher schreibt Paulus:

"Denn nicht der ist Jude, der es äußerlich ist, auch ist nicht das die Beschneidung, die äußerlich am Fleisch geschieht; sondern der ist ein Jude, der es inwendig verborgen ist, und das ist die Beschneidung des Herzens, die im Geist und nicht im Buchstaben geschieht..." (Röm 2, 28.29)

Diese Beschneidung des Herzens beschreibt Paulus, als das Ablegen der alten fleischlichen Natur, also der Bekehrung und Wiedergeburt (Kol 2,11). Dieses ist Gottes Prinzip: Das innerliche zählt und nicht das äußerliche, auch nicht das physische!

Manche Ausleger unterscheiden dennoch heute zwischen Juden und Nichtjuden. Die weniger extremen Ausleger sagen es gibt heute ein Gottes Volk, das aus Juden und Nichtjuden (Christen) besteht und für die unterschiedliche Verheißungen und Prophezeiungen gelten. Etwas inkonsistent wird diese Auslegung eines Gottes Volkes - bestehend aus zwei Teilvölkern - wenn es um die Juden als "Heilsvolk" geht und letztendlich doch die Völker doch getrennt werden.

Ich kann mich dieser Denkweise nicht anschließen: Paulus schreibt an vielen Stellen, dass es keine Unterschiede mehr zwischen Juden und Nichtjuden mehr gibt:

Röm 10,12

Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen.

Gal 3,28

Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.

Kol 3,11

Da ist nicht mehr Grieche oder Jude, Beschnittener oder Unbeschnittener, Nichtgrieche, Skythe, Sklave, Freier, sondern alles und in allen Christus.

Bzw.

1Kor 7, 18

Beschnitten sein ist nichts, und unbeschnitten sein ist nichts, sondern: Gottes Gebote halten.

In Röm 2,11 und Apg 10,34 wird klar gesagt, das es vor Gott kein Ansehen der Person gibt. Es ist egal, ob wir Heide oder Jude sind. Alle müssen Christus annehmen und ihm Nachfolgen, denn er ist der Weg. In meinen Augen spricht nicht viel dafür, dass Gott je nach Abstammung unterschiedlich mit uns verfährt. Es gibt nur EIN Volk Gottes unabhängig von der 'fleischlichen' Abstammung. Jesus spricht in Joh 10,16: "Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird EINE Herde und EIN Hirte werden." und Jesus ist der Hirte dieser Schafe (Joh 10,11; Hebr 13,20)!

Und Petrus sagt 1Pet 2,9 von "DEM auserwählte Geschlecht, DER königliche Priesterschaft, DEM heiligen Volk, DEM Volk des Eigentums". Dabei bezieht er sich konkret auf die, die einst nicht zu Gottes Volk gehörten, aber jetzt dazu gehören. DAS Volk nicht ein Volk oder Teilvolk!

Alle Anstrengungen zwischen Juden und Nichtjuden zu unterscheiden kommen mir daher spanisch vor und alle Versuche bestimmte Verheißungen für Juden zu isolieren sind in meinen Augen fragwürdig.

Anmerkungen zu c)

Die Idee, das Israel angeblich in Zukunft wieder eine wichtige Rolle spielen wird, wird nicht nur durch den Versuch aus a) oder der Theologie in b) sondern auch durch die Auslegung zweier anderer Bibelstellen unterstützt: I. Röm 11,12.15 und II. Röm 11,25.26 (eigentlich Röm 9-11). Ich finde diese Bibelstellen alle sehr schwer und bin mir bewusst, dass meine Auffassung Schwächen hat und ich verstehe leider auch nicht alles.

I. Röm 11,12.15

12 Wenn aber ihr Fall der Reichtum der Welt ist und ihr Verlust der Reichtum der Nationen [=Heiden], wieviel mehr ihre Vollzahl!

15 Denn wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was wird die Annahme anders sein als Leben aus den Toten?

II. Röm 11,25.26

Denn ich will nicht, Brüder, daß euch dieses Geheimnis unbekannt sei, damit ihr nicht euch selbst für klug haltet: Verstockung ist Israel zum Teil widerfahren, bis die Vollzahl der Nationen hineingekommen sein wird; und so wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht: »Es wird aus Zion der Erretter kommen, er wird die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden;

Aus diesen beiden Bibelstellen wird abgeleitet, das ganz Israel gerettet wird, sich also als ganzes zu Jesus bekehren wird sobald die Verstockung wegfällt oder automatisch alle Juden gerettet werden. Zur weiteren Unterstützung, wird auf Röm 11,1: "So frage ich nun: Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne!" und Röm 11,2: "Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat." verwiesen.

Zunächst zur ersten Aussage: Ich werde später zeigen, dass nicht ganz Israel (im Sinne 'alle Israeliten') gerettet werden. Selbst wenn, dann muss man sich fragen, wie denn eine Annahme Jesu mit dem erwarteten Tempelbau und Opferdienst aus Hes 40-48 zu vereinbaren ist. Durch die Annahme Christi verbietet sich jegliches Opfern von selbst!

Zu Röm 11,1.2: Wenn Bibelstellen verwendet werden, dann sollte dieses möglichst vollständig und im Kontext geschehen:

III. Röm 11,1-5

1 Ich sage nun: Hat Gott etwa sein Volk verstoßen? Das ist ausgeschlossen! Denn auch ich bin ein Israelit aus der Nachkommenschaft Abrahams, vom Stamm Benjamin.

2 Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er vorher erkannt hat. Oder wißt ihr nicht, was die Schrift bei Elia sagt? Wie er vor Gott auftritt gegen Israel:

3 »Herr, sie haben deine Propheten getötet, deine Altäre niedergerissen, und ich allein bin übriggeblieben, und sie trachten nach meinem Leben.«

4 Aber was sagt ihm die göttliche Antwort? »Ich habe mir siebentausend Mann übrigbleiben lassen, die vor Baal das Knie nicht gebeugt haben.«

5 So ist nun auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach Auswahl der Gnade entstanden.

Gott hat sein Volk nicht verstoßen (Vers 1)! Obwohl die Juden Jesus töten ließen, verdammt Gott nicht automatisch alle Juden. Paulus begründet dieses in zweifacher Weise:

1) Er verweist auf sich, denn obwohl der Israelit ist, wurde er von Gott zum Apostel berufen (Röm 1,1)! Währen alle Juden verstoßen, dann hätte dieses nicht geschehen können!

2) Auch als fast das ganze Volk abgefallen war (1Kö 19) blieb doch ein kleiner Rest Gott treu und genauso war es zu Zeit Pauli (Vers 5). Ein kleiner Rest vertraute Gott und bekehrte sich zu Jesus (Paulus, Petrus und andere Juden!): So ist nun ... ein Überrest nach Auswahl der Gnade entstanden. (Siehe auch Vers 7: Die Auserwählten haben es erlangt, der Rest Israels ist verstockt!) Gott ist nicht beleidigt wie ein Mensch und verstößt nicht gleich ein ganzes Volk!

In Röm 11,15 (Siehe I. oben) schreibt Paulus "Denn wenn ihre [der Juden] Verwerfung die Versöhnung der Welt ist...". Was nun? Einmal schreibt Paulus, dass Gott sein Volk nicht verstößt und dann schreibt er die Juden wurden verworfen? Nun beides ist wahr, aber man darf sich nicht durch oberflächliches Lesen verwirren lassen. Paulus Worte sind, wie auch Petrus bemerkt (2Pet 3,15-16), nicht immer leicht zu verstehen! Es steht fest, dass Gott nicht die Juden verwirft und verdammt (Röm 11,1) - die Verwerfung und der Fall des Volkes Israel, von der in Röm 11,12.15 die Rede ist, muss also etwas anderes bedeuteten. Das Volk Israel hatte in der Vergangenheit einen Auftrag:

"Aus einem Sklavenvolk waren die Israeliten über alle Völker erhöht worden zum besonderen Eigentum des Königs der Könige. Gott hatte sie von der Welt abgesondert, damit er ihnen heiliges Gut anvertrauen könnte. Er machte sie zu Hütern seines Gesetzes und wollte durch sie die Gotteserkenntnis unter den Menschen bewahren. Auf diese Weise sollte das Licht des Himmels in eine dunkle Welt scheinen und eine Stimme hörbar werden, die alle Völker aufforderte, sich vom Götzendienst abzuwenden und dem lebendigen Gott zu dienen." (EGW, 'Patriarchen und Propheten', S. 289)

Mose schreibt:

5.Mose 4,5-8

Sieh, ich hab euch gelehrt Gebote und Rechte, wie mir der HERR, mein Gott, geboten hat, daß ihr danach tun sollt im Lande, in das ihr kommen werdet, um es einzunehmen. So haltet sie nun und tut sie! Denn dadurch werdet ihr als weise und verständig gelten bei allen Völkern, daß, wenn sie alle diese Gebote hören, sie sagen müssen: Ei, was für weise und verständige Leute sind das, ein herrliches Volk! Denn wo ist so ein herrliches Volk, dem ein Gott so nahe ist wie uns der HERR, unser Gott, sooft wir ihn anrufen? Und wo ist so ein großes Volk, das so gerechte Ordnungen und Gebote hat wie dies ganze Gesetz, das ich euch heute vorlege?

Es gab einmal ein Sprichwort: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen! Dieses galt eigentlich übertragen den Juden, denn durch sie sollten Menschen den wahren Gott kennen lernen! Doch Israel begriff nicht seien Vorbildfunktion und durch Jesaja macht Gott ihnen den Vorwurf: "Das alles hast du gehört und siehst es, und verkündigst es doch nicht." (Jes 49,2-3).

Schließlich rief Jesus den Schriftgelehrten zu:

"Weh euch Schriftgelehrten! Denn ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst seid nicht hineingegangen und habt auch denen gewehrt, die hinein wollten." (Lk 11,52).

Die Israeliten haben als Botschafter Gottes versagt und weder Früchte gezeigt (Lk 13,6-9) noch das Weingut Gottes gut verwaltet (Mt 21,33-46). Daher sind es nun die Heiden, die nun als Nachfolger Jesu, in die Welt hinausziehen, um den Menschen die 'Frohe Botschaft', das Evangelium zu bringen. In dieser Hinsicht ist Israel 'gefallen', 'verloren gegangen' und wurde 'verworfen' (Röm 11,12.15) und dadurch sind die Heiden 'reich geworden': Sie 'die einst »nicht ein Volk« waren, nun aber »Gottes Volk« sind, und einst nicht in Gnaden waren, nun aber in Gnaden sind' (nach 1Pet 2,10), sie sind nun 'das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, berufen von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht, zu verkündigen die Wohltaten Gottes' (nach 1Pet 2,9). Zum neuen Gottes Volk können natürlich auch Juden wie Paulus und Petrus gehören, aber das wunderbare für die Nichtjuden ist, dass Gott nun auch sie auserwählt hat! Israel hat sein Privileg, das alleinige von Gott auserwählte Volk zusein, verloren.

In Röm 11,11 lesen wir:

"So frage ich nun: Sind sie gestrauchelt, damit sie fallen? Das sei ferne! Sondern durch ihren Fall ist den Heiden das Heil widerfahren, damit Israel ihnen nacheifern sollte. "

Es war nicht Gottes Wille, dass die Juden Fallen sollten, aber sie sind dennoch gefallen. Die Annahme, das alles so kam, weil Gott es so gewollt hat, wird verworfen[2], aber für Gott ist es möglich auch aus schlechten Dingen etwas Gutes zu machen: Der Fall der Juden wurde zum Heil der Heiden!

Auf Grund dieser Texte ist es für mich schwer verdaulich, wenn ich höre, dass Israel wieder zum Heils- oder Missionsvolk werden soll, denn dieses ist ja mit der Annahme Jesu verbunden und jeder bekehrte Jude gehört dadurch zum neuen Gottes Volk in dem alle - egal ob Jude oder Nichtjude, Grieche oder Nichtgrieche - in Jesus vereint sind (Kol 3,11).

Kommen wir zurück auf Rom 11,12.15 (I. oben): Die Anhänger der Israeltheorie verweisen gerne auf Vers 12: "... wieviel mehr ihre Vollzahl!" oder nach Luther 84: "... wenn ihre Zahl voll wird.". Da steht es doch! Ihre Zahl wird voll, d. h. alle werden gerettet werden und das wird noch größer sein, als der Reichtum der Heiden!

Das Wort, welches in der Elberfelderbibel als 'Vollzahl' übersetzt wurde (griech. pleroma) kann einen passiven Sinn 'das, was gefüllt wurde', 'die Fülle', 'die Vollzahl', oder einen aktiven Sinn 'das, was sich füllt', 'Erfüllung', etc. verstanden werden und wird so an verschiedenen Stellen übersetzt. Die Kommentatoren sind sich über den exakten Sinn an dieser Stelle nicht einig. Der Kerngedanke ist aber: Wenn Gott aus dem Fall und Verlust der Juden Reichtum für die Heiden machen kann, dann wird - was immer pleroma hier bedeuten mag - mehr Reichtum (für alle) sein. Ich vermute, Paulus will damit ausdrücken, dass es um so großartiger ist, wenn ein verlorener Sohn (ein Jude) zu seinem Vater (Gott) zurückkehrt, als wenn ein fremder Sohn (ein Heide) 'adopitert' wird. Paulus Die Juden waren wirklich ein von Gott auserwähltes Volk: Zu ihnen sprach er durch seine Propheten und versuchte sie immer wieder auf den rechten Weg zu führen, damit sie ein Vorbild für die anderen Völker werden sollten. Meine Vermutung wird durch Röm 11,24 unterstützt:

Denn wenn du [Heide] aus dem von Natur wilden Ölbaum herausgeschnitten und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, wieviel mehr werden diese, die natürlichen <Zweige> [Die Juden, die wegen ihren Unglauben aus dem edlen Baum ausgebrochen wurden], in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden!

Wieviel mehr werden also Juden, die sich bekehren wieder angenommen werden! Wie wunderbar wäre es, wenn nicht nur ein kleiner Teil der Juden (Vers 5) den Messias annehmen würde. (Zum Ölbaum schreibe ich später mehr!)

Anhänger der Israeltheorie drängen natürlich darauf, den Vers 12 so zu verstehen, dass gemeint ist, dass alle Juden (irgendwann) gerettet würden. Dieses ist aber unmöglich, denn wenn 'Vollzahl' 'alle Israeliten' bedeuten würde, dann würde analog in Vers 25 (das gleiche Wort!) gesagt werden, das alle Heiden gerettet würden! Wenn alle Israeliten und alle Heiden gerettet würden, dann würde Paulus 'universelle Rettung' aller Menschen lehren, welches im krassen Widerspruch zu seinen Worten steht (z. B. 2Thes 1,7-10; Röm 1,18.32; Röm 2,1-11; etc.)! Dieses kann also nicht gemeint sein!

Zu Vers 15:

15 Denn wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was wird die Annahme anders sein als Leben aus den Toten?

Wenn ein Mensch sich zu Jesus bekehrt (= mit Jesus gekreuzigt (Gal 2,19), begraben und auferweckt werden (Röm 6,4) = Neue 'Kreatur'), dann ist das etwas besonderes. Vielleicht meint Paulus dieses mit 'Leben aus den Toten' in Vers 15. Tot ist wer Jesus nicht hat:

Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. (1.Joh 5,12). Es bleibt ein offenes Problem, ob "die Annahme" sich auf alle Juden bezieht oder auf die Juden, die sich bekehren. Die Verwerfung bezieht sich auf die Sonderrolle der Juden, nicht auf die Juden selber. Möglicherweise ist es auch wichtig, das hier von "die Annahme" und nicht von "ihrer Annahme" (wie bei Luther) die Rede ist. Die Redewendung, die Paulus hier gebraucht, ist leider einmalig in der Bibel.

Lesen wir doch mal die Verse zwischen 12 und 15:

Röm 11,13.14

Denn ich sage euch, den Nationen: Insofern ich nun der Nationen Apostel bin, bringe ich meinen Dienst zu Ehren, ob ich auf irgendeine Weise sie, die mein Fleisch sind, zur Eifersucht reizen und einige aus ihnen erretten möge.

Pauli Anliegen ist also, seine Brüder zur 'Eifersucht' zu reizen und einige von ihnen zu retten. Er bezieht sich auf das, was er ein paar Zeilen zuvor geschrieben hatte:

Röm 10,19.20

Aber ich sage: Hat Israel es etwa nicht erkannt? Zuerst spricht Mose: »Ich will euch zur Eifersucht reizen über ein Nicht-Volk, über eine unverständige Nation will ich euch erbittern.«

Jesaja aber erkühnt sich und spricht: »Ich bin gefunden worden von denen, die mich nicht suchten, ich bin offenbar geworden denen, die nicht nach mir fragten.«

Das Nicht-Volk sind die Heiden. Israel soll also eifersüchtig über sie gemacht werden und so sollen einige - nicht alle - gerettet werden. Dadurch soll Israel erkennen, das Jesus der Messias ist und nur dadurch, das auch sie Jesus annehmen, können sie gerettet werden. Wenn die Heiden Miterben der Verheißung geworden sind und Gott sie segnet, dann sollen die Juden eifersüchtig werden: Ihnen sollen dadurch die Augen aufgetan werden und in Luther und in der Schlachterübersetzung ist daher in Röm 11,14 auch von "zum Nacheifern (reizen)" die Rede.

In Vers 15 sind Verwerfung und Annahme gegenübergestellt. Annahme von Gott ist mit der Annahme Jesu als Messias verbunden. Einige Kommentatoren meinen daher, dass Paulus hier auf einen Strom von bekehrten Juden in die christlichen Kirchen anspielt...

Ich bin mehr mit der wirklichen Bedeutung von Vers 15 nicht sicher: Wenn Paulus mit der Annahme die Bekehrung einzelner Juden meint, dann macht der Abschnitt für mich Sinn. Sollte hier Paulus eine prophetische Zukunftsaussage machen, wobei er die Annahme des ganzen Volkes meint, dann wird es kompliziert, zumal er in Vers 14 davon ausgeht, dass er nur wenige (falls überhaupt) retten kann. Auch im Kapitel 9 schrieb er über Juden und Heiden:

Röm 9,24-28

"Dazu hat er uns berufen, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden. Wie er denn auch durch Hosea spricht (Hosea 2,25; 2,1): »Ich will das mein Volk nennen, das nicht mein Volk war, und meine Geliebte, die nicht meine Geliebte war.« »Und es soll geschehen: Anstatt daß zu ihnen gesagt wurde: 'Ihr seid nicht mein Volk', sollen sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden.« Jesaja aber ruft aus über Israel (Jesaja 10,22-23): »Wenn die Zahl der Israeliten wäre wie der Sand am Meer, so wird doch nur ein Rest gerettet werden; denn der Herr wird sein Wort, indem er vollendet und scheidet, ausrichten auf Erden.«"

Ein Rest wird gerettet werden... oder doch ganz Israel? Spricht Paulus hier wirklich prophetisch über die Zukunft Israels? Krakolinig und die Übersetzer der Schlachterbibel glauben, das Paulus eher davon spricht, was hätte sein können, und was zukünftig noch sein könnte, wenn sich das nationale Israel als Gesamtheit bekehren würde. Das ist das Anliegen im gesamten Kontext!

Das Problem sei also, das Paulus, was eigentlich konditionell gemeint ist, im Futurum schreibt. Entsprechend finden wir in der Schlachterbibel:

"Wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt geworden ist, was würde ihre Annahme anderes sein, als Leben aus den Toten?"

Auf der anderen Seite ist diese Erklärungsmöglichkeit auch etwas unbefriedigend, da meines Wissens Vers 15 in Futur geschrieben wurde. Nun, es bleibt ein schwierige Stelle. Ich ziehe die Erklärungsmöglichkeit vor, das "die Annahme" die Bekehrung einzelner Juden meint. Oft der anderen Seite will ich nicht ausschließen, dass es noch zu großen Massenbekehrungen bei Juden kommen kann, aber Gott wird keinen Menschen zwingen, auch nicht einen Juden. Wer nicht glauben will, der bleibt im Unglauben bis ans Ende!

Vers 15 wir erstaunlicher Weise nicht von den Anhängern der Israeltheorie ausgeschlachtet wie die folgenden Verse:

Röm 11, 16-27

16 Wenn aber das Erstlingsbrot heilig ist, so auch der Teig; und wenn die Wurzel heilig ist, so auch die Zweige.

17 Wenn aber einige der Zweige herausgebrochen worden sind und du, der du ein wilder Ölbaum warst, unter sie eingepfropft und der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaumes mit teilhaftig geworden bist,

Anmerkung: Es geht hier um die Zweige eines edlen Ölbaums mit heiliger Wurzel und um die Zweige eines wilden Ölbaums. Mit den edlen Ölbaum ist das Volk Gottes gemeint und die Zweige des wilden Ölbaums sind die Heiden. Die heilige Wurzel ist entweder Jesus oder die Glaubensväter des AT, wie z. B. Abraham. Einige Juden-Zweige wurden herausgebrochen (siehe V. 20), weil sie Jesus ablehnen und einige Heiden-Zweige wurden in das Volk Gottes aufgenommen: Es sind die bekehrten Heiden (siehe V. 20)! Paulus spricht hier die Heiden mit der zweiten Person an.

Ich persönlich finde das Sinnbild genial: Gott hat sich im AT besonders um sein Volk gekümmert, so wie ein Bauer sich besonders um eine Zuchtpflanzen und -bäume kümmert: Er düngt sie, beschneidet sie, usw. Der wilde Ölbaum sind die Heiden, die keine besondere Zuwendung fanden und daher 'wild gewachsen' sind. Der eine Baum wurde veredelt, der andere nicht. Dennoch können die wilden Zweige (durch den Glauben) in den edlen Baum eingepfropft werden und die edlen Zweige durch den Unglauben herausgebrochen werden: Für Gott zählt der Glaube und nicht die Abstammung!

18 so rühme dich nicht gegen die Zweige! Wenn du dich aber gegen sie rühmst - du trägst nicht die Wurzel, sondern die Wurzel dich.

19 Du wirst nun sagen: Die Zweige sind herausgebrochen worden, damit ich eingepfropft würde.

20 Richtig; sie sind herausgebrochen worden durch den Unglauben; du aber stehst durch den Glauben. Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich!

21 Denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht geschont hat, wird er auch dich nicht schonen.

22 Sieh nun die Güte und die Strenge Gottes: gegen die, welche gefallen sind, Strenge; gegen dich aber Güte Gottes, wenn du an der Güte bleibst; sonst wirst auch du herausgeschnitten werden.

23 Aber auch jene, wenn sie nicht im Unglauben bleiben, werden eingepfropft werden; denn Gott ist imstande, sie wieder einzupfropfen.

Anmerkung: Es besteht als für die Ungläubigen Juden noch immer Hoffnung! Wenn sie nicht im Unglauben bleiben!

24 Denn wenn du aus dem von Natur wilden Ölbaum herausgeschnitten und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, wieviel mehr werden diese, die natürlichen <Zweige>, in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden!

25 Denn ich will nicht, Brüder, daß euch dieses Geheimnis unbekannt sei, damit ihr nicht euch selbst für klug haltet: Verstockung ist Israel zum Teil widerfahren1, bis die Vollzahl der Nationen hineingekommen sein wird2;

26 und so3 wird ganz Israel errettet werden4, wie geschrieben steht5: »Es wird aus Zion der Erretter kommen6, er wird die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden;

27 und dies ist für sie der Bund von mir, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde7

Für die Vertreter der Israeltheorie ist der Vers 26 ein gefundenes Fressen! Da steht es doch auf Schwarz und Weiß: ganz Israel wird gerettet!

Ist mit ganz Israel wirklich das nationale Israel gemeint? Gehen wir Schritt für Schritt vor:

1 Ein Teil Israels ist verstockt! Welcher Teil? Es sind die herausgebrochenen Juden-Zweige im eben geschilderten Sinnbild. Es sind die Juden, die Jesus nicht annehmen. Paulus setzt hier also den edlen Baum mit Israel gleich, wobei der Baum Juden- und Heiden-Zweige hat und ein Teil der edlen Zweige wegen ihres Unglaubens herausgebrochen wurde. So wie die Heiden-Zweige ein Teil des Ölbaumes geworden sind, so sind die bekehrten Heiden Teil des wahren Gottes Volk geworden. (Siehe auch: hinterer Teil von Anmerkungen zu b)

2 Hier habe wir das Gleichproblem mit der 'Vollzahl' wie in Vers 12. Noch mal: Vollzahl kann nicht alle Heiden bzw. alle Juden heißen, da sonst Paulus universale Rettung verkünden würde: Alle Heiden + alle Juden = alle Menschen! Dieses ist ausgeschlossen! Das Wörtchen 'bis' (griech. achri) hat hier offenbar eine zeitlich Bedeutung: Die Verstockung wird andauern bis die Vollzahl der Nationen hineingekommen sein wird, d. h. bis zum (Welt-)Ende wird die Teilung andauern und ein Teil in Verstockung bleiben. Würde 'bis' bedeuten, dass nach einer gewissen Zeit die Verstockung automatisch wegfallen würde, dann wäre das ein Widerspruch zu Vers 23 (siehe oben).

3 Griech. Kai houtos: Adverb der Art und Weise und nicht der Zeit, auch keine Konklusion.

4 ganz Israel = der ganze Ölbaum (mit gemischten Zweigen) soll gerettet werden.

5 Spezifizierung der Errettung an Hand einer Bibelstelle.

6 Der Retter Israels (= bekehrte Juden + Heiden) kommt aus Zion! Gemeint ist Jesus (Bethlehem gehört zu Zion)! Eine andere Möglichkeit gibt es nicht: Es gibt nur einen Jesus, der auch bei der Wiederkunft der gleiche seien wird, wie damals (vgl. Apg 1,11; Joh 14,3: "Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin.")! Würde es einen anderen Messias geben, einen anderen Christus, dann wären alle Christen auf einen falschen Christus reingefallen! Ich persönlich glaube, dass viele Menschen "in den letzten Tagen" auf Satan hereinfallen werden: Viele Menschen warten noch auf den Messias, auf den großen Meister, auf Buddha, etc.!

7 Hier wird wieder auf Jesus verwiesen, denn er nimmt unsere Sünden auf sich.

Zu 3-7: Wenn man Vers 26 unter Berücksichtigung von Anmerkung 4 einfach ließt, so ergibt sich ganz klar die Botschaft des Evangeliums:

"Und so wird Gottes Volk (Juden als auch Heiden) gerettet werden: Durch Jesus Christus, der verheißene Retter, der die Sünden aller Menschen auf sich nimmt!" Die Juden sind nicht verstoßen oder gar verdammt (erneutes aufgreifen der einleitenden Frage: Hat Gott sein Volk verstoßen? Röm 11,1!), denn auch sie haben noch die Möglichkeit gerettet zu werden: "wenn sie nicht im Unglauben bleiben".

Petrus spricht in Apg 3,22.23 von Jesus: "Mose hat schon gesagt: »Einen Propheten wird euch der Herr, euer Gott, aus euren Brüdern erwecken, gleich mir. Auf ihn sollt ihr hören in allem, was er zu euch reden wird! Es wird aber geschehen: jede Seele, die auf jenen Propheten nicht hören wird, soll aus dem Volk ausgerottet werden.« "
Diese Stelle sagt nichts anderes aus, als was das Sinnbild im Römerbrief ausdrücken will. Das wahre Volk Gottes besteht aus den bekehrten Juden und hinzugefügten bekehrten Heiden! Alle anderen werden aus dem heiligen Ölbaum geschnitten bzw. nicht hinzugezählt.

Lesen wir noch rasch den Rest des Kapitels:

28 Hinsichtlich des Evangeliums sind sie zwar Feinde um euretwillen, hinsichtlich der Auswahl [=Gnade] aber Geliebte um der Väter willen.

29 Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar.

30 Denn wie ihr einst Gott nicht gehorcht habt, jetzt aber Erbarmen gefunden habt infolge ihres Unglaubens,

31 so sind jetzt auch sie dem euch <geschenkten> Erbarmen <gegenüber> ungehorsam gewesen, damit auch sie jetzt Erbarmen finden.

32 Denn Gott hat alle zusammen in den Ungehorsam eingeschlossen, damit er sich aller erbarmt.

Anmerkung: "aller" in Analogie zum Ölbaum (Juden + Heiden) oder zum wahren Gottes Volk oder zu "ganz Israel".

Vers 31 macht es noch einmal klar: Jetzt sollen die Juden Erbarmen finden und nicht in der Endzeit! Jetzt gilt auch den Juden: "... Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht..." (Hebr 3,15)

Natürlich bin ich nicht in der Lage diese schwierigen stellen vollständig zu erfassen. Es gibt im wesentlichen 3 verschiedene Auslegungsmöglichkeiten, die mehr oder weniger problematisch sind:

  1. "ganz Israel" ist das ganze nationale "fleischliche" Israel, und diese wird auf einen Sonderweg (durch Gottes Gnade) "am Evangelium vorbei" gerettet werden!
  2. "ganz Israel" ist wie oben zu verstehen, und wird durch eine Massenbekehrung zu Jesus hin bekehrt werden.
  3. "ganz Israel" ist das wahre Israel, das wahre Gottes Volk, das durch gläubige Menschen gebildet wird. Diese werden durch ihren Glauben gerettet werden.

Zu dem Thema sind schon unzählige Bücher erschienen und unter Theologen ist man sich uneins darüber, wie besonders V. 25-27 zu verstehen ist. Ich würde mich hüten, auf dem Fundament dieser problematischen Auslegungen, eine "Theologie" zu bauen oder gar zu behaupten, dass für die Juden es nicht nötig ist, Jesus als Messias anzunehmen!

Ich bevorzuge die dritte Auslegung, weil sie (in meinen Augen) besser zu Gottes Handeln passt und auch nicht in Konflikt zu anderen Bibelstellen steht.

 

Abschlussbemerkungen

Ich weiß, dass mein Verständnis von den erwähnten Bibelstellen auch nicht perfekt ist, aber ich hoffe, es ist nachzuvollziehen, warum ich hinter dieser Predigt fünf große Fragezeichen gesetzt habe. Es zeigt sich immer wieder, dass man alles selber prüfen muss und einem Prediger nicht einfach blind vertrauen kann. Das ist aber über all so und nicht nur in einer bestimmten Gemeinschaft oder Kirche! Jeder sollte sich, die sich Zeit nehmen Gottes Wort zu studieren und prüfen, was ein Prediger oder Theologe schreibt oder sagt!

Ich kann nur davor warnen, leichtfertig bestimmte Auslegungen anzunehmen ohne selber nachzudenken und ohne zu fragen, ob das jeweilige Argument wirklich das aussagt, was behauptet wird. - Gottes Segen wünsche ich allen 'Studentinnen' und 'Studenten' der Heiligen Schrift!

 


[1]  A. Krakoling schriebt dazu: Den 2 Zeitangaben im Vers 26 stehen 2 Ereignisse gegenüber: 1) der Wiederaufbau der Stadt (nach 7 Wochen) und 2) das Kommen des Messias (nach 62 Wochen). Nach dieser Prophetie hatte Gott ursprünglich 7 Wochen = 49 Jahre für den Wiederaufbau vorgesehen. Doch durch den Ungehorsam des Volkes zog sich der Aufbau fast doppelt so lange, etwa 90 Jahre hinaus! (Von 536 - 445 v.Chr.) Das war auch der Grund, warum nicht nur ein Befehl zum Aufbau genügte, wie es laut Daniel vorgesehen war, sondern 3 bzw. 4 Befehle. In diesem Fall hätten die 7 + 62 Wochen nicht erst ab dem dritten Befehl, also ab 457 gezählt werden müssen, sondern schon ab dem ersten Befehl des Cyrus im Jahre 536. Das hätte bedeutet, dass auch das 1. Kommen des Messias um diese Zeit der Verzögerung schon früher stattfinden hätte können. Das stellt uns natürlich vor die Frage, ob auch die Erfüllung der Zeitweissagung der 70 Wochen unter Bedingungen gegeben wurde, oder als absolute Prophetie zu gelten hat. Die historischen Tatsachen und der gesamte biblische Befund sprechen deutlich für das Erstere.

[2] Krakoling schreibt in 'Das Israel Gottes im Alten und Neuen Bund': Der Fall oder die Verstockung der Juden wurde für das jüdische Volk nach der Zeit der Kreuzigung zum großen Fluch. Es kam tatsächlich der Fluch über sie, den sie in ihrer Blindheit vor Pilatus beschwörten.

Der Fluch kam jedoch nicht über sie, weil Gott es so wollte, oder es sogar in seinem Plan so vorherbestimmte. Der Plan Gottes kann nur zum Fluch für jene werden, die nicht bei der Gnade Gottes bleiben (Röm.11,21-22). Zum Segen wird dieser Plan für Juden und auch für Heiden, die sich zu Gott kehren, und sich nach seinem Plan retten lassen.

Gott wollte nie, dass Israel sich verstockt, und er wollte auch nie, dass durch diese Verstockung der Juden die Heiden in Finsternis und fern von Gott bleiben. Durch die Annahme des Evangeliums unter den Heiden besteht aber nun weiter die Möglichkeit für die Juden, die sich unter den Heiden zerstreut finden, dass auch sie, dort wo sie sind, wieder zum Heil finden (Röm. 11,13-16).

Den auferstandenen Jesus kann man nämlich nicht nur in Jerusalem oder im Land Israel finden. Er hat verheißen, dass er mit seinen Jüngern überall sein werde, wo sie das Evangelium verkündigen. So wird er auch mit all jenen Juden überall dort sein, wo sie das Evangelium hören und annehmen, egal an welchem Ort sie gerade wohnen.

Diese Wahrheit hat Jesus schon damals der Samariterin vermittelt, die wissen wollte, an welchem Ort sie hingehen müsse, um richtige Anbetung zu üben. Die Antwort Jesu war: "Weib, glaube mir, es kommt die Zeit, daß ihr weder auf diesem Berge noch zu Jerusalem werdet den Vater anbeten. ... Es kommt die Zeit und ist schon jetzt, daß die wahrhaftigen Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten werden; denn der Vater will solche, die ihn so anbeten. Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten."(Joh.4,21-23)

Damit hat eigentlich Jesus ein für allemal allen jenen aus den Juden und Heiden, die Gott richtig anbeten und folgen wollen, keinen Ort dieser Erde mehr bestimmt, an den sie zu gehen hätten, um dort allein wahre Anbetung und Begegnung mit dem wahren Gott pflegen zu können.

Schon allein aus diesem Grunde wäre es biblisch und neutestamentlich gesehen nicht nötig, Juden erst nach Jerusalem zu rufen, damit sie dort Jesus und dem Vater im Glauben begegnen können. Für sie gilt das gleiche, wie für alle Menschen, die sich aus allen anderen Nationen und Völkern zu Jesus bekehren und bekennen, dass "in einem jeglichen Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm." (Apg.10,35)